GRANDBROTHERS – All The Unknown


Foto-© Toby Coulson

Aufbauend auf dem Konzertflügel haben Grandbrothers mit ihrem neuen Album All The Unknown Musik geschaffen, die wie tiefe Atemzüge wirkt. Zwischen Leichtigkeit und Schwere beherrschen die Kompositionen von Lukas Vogel und Erol Sarp den Raum. Dabei steht im Zentrum ihrer Musik keinesfalls die klassische Komponente. Vielmehr experimentieren sie mit Elektro-Beats, folkloristischen Melodien, Hip-Hop und letztendlich dem Gefühl für Atmosphäre. Das alles gelingt dem türkisch-deutsch-schweizerischen Duo mit einem präparierten Konzertflügel. Erol Sarp spielt ausschließlich Klavier, die Töne der geschaffenen Lieder haben ihren Ursprung also nur im Klavier, jedoch an vielen Orten des Klaviers. Vogel nimmt diese Klänge und Samples mithilfe einer von ihm gebauten Mechanik auf, sammelt sie, extrahiert Teile, verzerrt andere und formt so eine riesige Klangwelt.

All The Unknown wirkt wie ein Organismus, eine überwältigende Harmonie mit einem gemeinsamen Ursprung, dem Klavier. Rasante Passagen gehen in abrupte Pausen über, tänzelnde Tasten ziehen sich über die ersten vier Lieder des Albums hinweg bis mit Shoreline ein Schritt in Richtung Dancefloor gemacht wird. Treibende elektronische Beats umweben die Klavierklänge und formen mit unzähligen Einzelklängen ein Ganzes. Organism überzeugt mit Paukenschlag ähnlichen Beats, Silver mit feenartigen, sich wiederholenden Spielereien. Feine Glockenspiele mit schiebenden elektronischen Einlagen gehen bei Black Forest ins Abstrakte über. Etwas düstere Klänge kommen in einem epischen Finale zusammen. Unrest bleibt seinem Namen treu und führt uns weiter in das musikalische Dickicht der Grandbrothers. Mit kräftigen Schritten baut sich der aufregende Track auf, bis er wieder etwas an Leichtigkeit gewinnt und in den letzten Song des Albums übergeht. Mourning Express erweckt die Vorstellung eines schwerfälligen Spazierganges durch Brooklyn. Hip-Hop Beats, Klavierklänge wie wirre Gedanken und ein undefinierbares Gefühl das zurückbleibt. So lassen uns die Grandbrothers zurück.

All The Unknown ist ein gelungenes Gesamtkunstwerk, das zwischen Tradition und Neuentdeckung existiert. Es ist in Bewegung, entwickelt sich konstant weiter und behält trotzdem die vollkommende Harmonie bei. Wer hätte gedacht was zwei Musiker aus einem einzelnen Klavier herausholen können.

Grandbrothers – All The Unknown
VÖ: 15. Januar 2021, City Slang
www.grandbrothersmusic.com
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Lea Kleisinger

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