CONAN GRAY – Superache


Foto-© Universal Music

But I wanna feel all that love and emotion
Be that attached to the person I’m holding
Someday, I’ll be falling without caution
But for now, I’m only people watching
I’m only looking just to live through you vicariously
I’ve never really been in love, not seriously
I had a dream about a house behind a picket fence
Next one I choose to trust, I hope I use some common sense
But I cut people out like tags on my clothing
I end up all alone but I still keep hoping

(Conan Gray – People Watching)

Conan Gray gilt in den USA bereits als Speerspitze einer neuen Generation von Pop-Stars, die sich fernab traditioneller Rollenbilder ihren Weg durch das Dickicht der internationalen Musikbranche schlagen. Sein verträumter Sound lässt sich irgendwo zwischen Bedroom-Pop und Mainstream verorten und hat sich durch sein virales Potenzial schon mehrfach auf TikTok breitgemacht. Gut zweieinhalb Jahre nach seinem Debüt Kid Krow bringt er mit Superache am 24. Juni ein Nachfolgewerk raus, das hält, was der Titel verspricht.

Bereits mit dem Opener Movies macht Conan Gray klar, dass wir auch dieses Mal live dabei sind, wenn er versucht, sein gebrochenes Herz zu kitten. “Falling in love with a damn fantasy, that’s so me”, singt er darin und beschreibt eine Beziehung, die nur in seinem Kopf existiert. In der Realität ist es für ihn nämlich leider weiterhin “not like the movies”, was niemand wundern dürfte, der Conan schon einige Jahre verfolgt. Immer wieder macht er sich selbstironisch auf Social Media über sein Dasein als verbitterter Single lustig. Was nach einem überdramatischen Teenie klingt, geht beim ersten Anhören direkt unter die Haut.

Mit der Vorab-Single People Watching lädt uns Conan danach dazu ein, mit ihm die Welt zu betrachten. Die Welt, die immer, wenn man Herzschmerz hat, plötzlich nur noch aus verknallten Pärchen besteht. We’ve all been there. Die Nummer drei des Albums, der Song Disaster, ist musikalisch eine tanzbare Upbeat-Nummer und gaukelt uns kurz gute Stimmung vor. Doch textlichen bleiben wir in Conans Kopf, der noch immer von einer aussichtslosen Beziehung eingenommen ist. Mit Zeilen wie ”The potential of us kept me up all night long, this could be a disaster” trifft er einen Nerv und schafft es, dass in seiner Hörerschaft ganz unfreiwillig eigene Erinnerungen wieder hochkommen.

Den vierten Song auf dem Album, Best Friend, widmet der 23-Jährige dann der Person, die uns durch die ganzen Ups and Downs begleitet. Schließlich fährt man eine Achterbahn der Gefühle nie allein. Neben jedem Teenie mit Herzschmerz sitzt erfahrungsgemäß ein stinksaurer Best Friend: “Remember when you broke up with your fucking ex? God I’m glad you’ve finally gotten over them.”

Wer denkt, dass der im Albumtitel versprochene Superache nur auf das Liebesleben des Interpreten zurückzuführen ist, wird in Family Line eines Besseren belehrt. Während Conans weitere tragische Herzschmerzsongs wie Footnote erwartbar sind – was sie nicht weniger grandios macht – schlägt dieser Song ein ganz neues Buch auf. Darin besingt er seine traumatische Kindheit, geprägt von einem gewalttätigen Vater und einer zermürbten Mutter. Er teilt mit uns die schmerzhafte Erkenntnis, dass er die Eigenarten seiner toxischen Eltern nun als junger Erwachsener in seinem eigenen Verhalten wiedererkennt: “I’d say they’re just the once that gave me life, but I truly am my parents child […] I can run but I can’t hide, from my family line”. Conan Grays schwere Kindheit ist seinen Fans aus frühen YouTube-Tagen zwar längst bekannt, doch so offensiv wie in Family Line hat sich der Sänger seit Jahren nicht mehr dazu geäußert.

Auch Memories gehört vermutlich zu einem von Conans besten Songs, der bereits vor Release als Single inklusive Musikvideo veröffentlicht wurde. Den Abschluss des 12-teiligen Albums bildet allerdings Exit. Eine Geschichte von einer Freundschaft, die zu Liebe wurde und deren Happy End ein jähes Ende findet, als sich das Objekt der Begierde dann doch schlicht eine andere Partnerin sucht. Mit den Worten “You love her, it’s over, you already found someone to miss” beendet Conan Gray sein zweites Album Superache. Es endet wie es angefangen hat – mit viel persönlichem Schmerz, der tief sitzt und doch so wunderschön klingt.

Conan Gray – Superache
VÖ: 24. Juni 2022, Republic Records
www.conangray.com
www.facebook.com/conangrayofficial

YouTube video

Juliane Reuther

Juliane ist Redakteurin und Autorin aus Berlin. In ihrer Arbeit befasst sie sich vor allem mit Popkultur, Musik und Feminismus.

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